Wahlarithmetik

In zwei Monaten haben wir 16.400 gültige Unterschriften gesammelt, 9.835 Unterschriften in 3 Monaten hätten auch gereicht. Ein starkes Votum, könnte man meinen.

Für manche Parteien ist es nicht stark genug. Einzelne Ratsmitglieder relativieren den Geisteszustand der Menschen, die ihre Unterschrift leisteten; andere diskreditieren Berufsstände und Bevölkerungsschichten, um den Wert der Unterschriften zu schmälern. Auf diesem Hintergrund erscheint es geradezu höhnisch, wenn die Parteien nun die Abstimmung in die Bonner Bürgerschaft tragen wollen, weil es ja "ein demokratisches Verfahren" ist. Wie schon anderenorts geschrieben ist die Forcierung des Bürgerentscheids kein Ausdruck von neu entdeckter Bürgernähe, sondern die Herausforderung zu einem Machtkampf, bei dem die Wahlberechtigen instrumentalisiert werden. Das Risiko, die Stadtgesellschaft in zwei Lager zu spalten, wird dabei billigend in Kauf genommen.

Zu einem Bürgerentscheid kommt es, wenn die Mehrheit des Bonner Rats in der Sondersitzung am 30.11. das Bürgerbegehren ablehnt. Wie aber setzt sich diese Mehrheit zusammen?

Die Sitzverteilung im Bonner Rat ist momentan:

CDU 27
SPD 20
Grüne 16
FDP 7
Linke 5
BBB 4
AfB 3
Piraten 2
BIG 1
proNRW 1
gesamt 86

Der BBB hat sich schon gegen das Bürgerbegehren ausgesprochen, die CDU indirekt auch. Zu der FDP hatten wir noch gar keinen Kontakt, aber auch da ist die Ablehnung des Bürgerbegehrens sehr wahrscheinlich. Das wären dann 27 + 7 + 4 = 38 Stimmen dagegen. Keine Mehrheit. Dem Bürgerbegehren anschliessen werden sich Grüne, Linke und AfB, 16 + 5 + 3 = 24 Stimmen dafür. Auch keine Mehrheit. Von den Piraten und BIG wissen wir nix, von proNRW wollen wir nix wissen - es bleibt das Fragezeichen bei der SPD. Mit ihren 20 Stimmen kann die SPD für beide Entscheidungen eine Mehrheit herbeiführen.

Die SPD ringt mit sich selber, und dieses zeitraubende Ringen hat sie nun in die Lage gebracht, de facto über den Bürgerentscheid zu entscheiden. Eigentlich eine komfortable Situation, aber leider auch eine verantwortungsvolle. Je länger sie zögert und evtl. nachdenkt, desto mehr Argumente wollen abgewogen werden. Und diese Argumente sind dann nicht immer inhaltlicher Art... Einkaufszentrum hin oder her; was bedeutet die Festlegung für die Zukunft der Partei? Verspricht das Kuscheln mit der CDU eine neue Machtposition? Ein verlockender Gedanke, ist die SPD doch ohne OB und in der Opposition so weit von irgendwelchen Machtpositionen entfernt wie lange nicht.

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