10 Erfolgskriterien für eine erfolgreiche Bürgerbeteiligung im Viktoriaviertel

Die vom Stadtrat am 30.11.2015 beschlossene Bürgerbeteiligung zur Zukunft des Viktoriaviertels setzt erstmals die 2013 vom Rat beschlossenen Bonner Leitlinien Bürgerbeteiligung in der Praxis um.

Die Anforderungen und Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger an Moderation, Durchführung und Ergebnisse der mehrheitlich beschlossenen Bürgerwerkstatt sind vor diesem Hintergrund und bisheriger, eher negativer Erfahrungen mit Bürgerbeteiligung in Bonn, in diesem Pilotprojekt hoch. Die Augen der Stadtgesellschaft werden über Monate auf Ablauf, Inhalte, Verfahren und Ergebnisse gerichtet sein. Alle Beteiligten stehen so in der Verantwortung, der Bürgerbeteiligung zur Zukunft des Viktoriaviertels zum Erfolg zu verhelfen.

Als Initiative Viva Viktoria! sehen wir – neben anderen, eher ablauf- oder kommunikationsbezogenen Aspekten – zehn wichtige Erfolgskriterien:

  1. Begeisternde Bürgerbeteiligung als gemeinsames Ziel
  2. Breite Bürgerbeteiligung
  3. Verbindung von Offline- und Online-Partizipation
  4. Begleitgremium | Runder Tisch | Projektgruppe
  5. Genius Loci
  6. Bürgerbeteiligung mit Eventcharakter
  7. Ergebnisoffenheit | Transparenz | Dokumentation
  8. Mediatorische statt technokratischer Moderation
  9. Bürgerbeteiligungsbeirat | Öffentliche Angebotspräsentation
  10. Mediale Begleitung | Nachhaltigkeit

Zu 1. Gemeinsames Ziel: Begeisternde Bürgerbeteiligung

Gemeinsames Ziel aller Beteiligten sollte die Organisation einer begeisternden Bürgerbeteiligung sein, d.h. alle Verfahrensschritte und –abläufe werden so gestaltet, dass Interesse und Begeisterung bei den einbezogenen Bürgerinnen und Bürgern geweckt werden. Kopf und Hand, Verstand und Gefühl sollten im Verfahren möglichst gleichermaßen berücksichtigt und angesprochen werden.

Zu 2. Breite Bürgerbeteiligung

Es werden durchgängig Formate gewählt, die eine Einbindung möglichst breiter Bevölkerungskreise ermöglichen (wie z.B. Anwohnerkonferenz, ...) und herausfordern – insbesondere auch bildungsferner oder beteiligungsunerfahrener Bevölkerungsgruppen.

Zu 3. Verbindung von Offline- und Onlinepartizipation

Breite Bürgerbeteiligung im 21.Jahrhundert nutzt die vorhandenen Kommunikationsmöglichkeiten und Medien, um möglichst viele Menschen zu erreichen und einzubinden. Sie holt die Bürgerinnen und Bürger dort ab, wo sie heute stehen. Das bedeutet konkret die Notwendigkeit einer durchgängigen Verbindung von Offline- und Online-Partizipation und die Nutzung beider Kommunikationskanäle in allen Phasen der Werkstatt.

Zu 4. Einrichtung Begleitgremium | Runder Tisch

Parallel zum Beteiligungsverfahren wird ein Begleitgremium ( Runder Tisch | Steuerungs- oder Projektgruppe ) geschaffen, in dem alle relevanten Interessengruppen vertreten sind (Stadtverwaltung, Uni, Asta, Signa, Viva Viktoria!, etc.). Das Begleitgremium stellt sich auf einer gemeinsamen Pressekonferenz vor Beginn der eigentlichen Bürgerbeteiligung vor. Aufgabe dieses Begleitgremiums ist die gemeinsame Vor- und Nachbereitung der öffentlichen Beteiligungs- und Veranstaltungsformate. Das Gremium begleitet aktiv den gesamten Bürgerbeteiligungsprozess incl. der abschließenden Aufbereitung und Dokumentation der Ergebnisse. Sollte es während des Verfahrens zu Konflikten / Blockaden kommen, die nicht durch Gespräche überwunden werden können, kann das Begleitgremium mit mindestens 1/3 der Stimmen des Gremiums einen Mediator/eine Mediatorin hinzuzuziehen.

Zu 5. Genius Loci

Begeisternde Bürgerbeteiligung muss an dem Ort, um den es geht, stattfinden. So wirkt der Ort selbst als authentischer und motivierender Impulsgeber  für alle Beteiligungsprozesse, bevor diese überhaupt stattfinden. Viva Viktoria! fordert deshalb die Nutzung des ehemaligen Viktoriabades als zentralem Veranstaltungsort. Mit einem Bürgerantrag haben wir die frühzeitige Prüfung der Nutzbarkeit des Viktoriabades bzw. der bei einer Nutzung entstehenden Kosten durch die Stadtverwaltung beantragt.  

Zu 6. Bürgerbeteiligung als gesellschaftliches Event

Breite Bürgerbeteiligung mit dem ausdrücklichen Ziel, die betroffenen Bürgerinnen und Bürger zu begeistern (vgl. 1.), erfordert neben der wesentlichen  Ortsbezogenheit der Bürgerwerkstatt eine Einbettung der eigentlichen Beteiligungsverfahren in ein kulturelles und gastronomisches Rahmenprogramm. Die/Der Moderator/in sollte deshalb mit Initiativen, Gruppen und Personen in der Stadt kooperieren, die die Bürgerbeteiligung zur Zukunft des Viktoriaviertels durch musikalische, gastronomische oder Rede- und Diskussionsbeiträge zu einem gesellschaftlichen Ereignis machen, für das auch im Vorfeld des Beteiligungsverfahrens geworben werden kann. Partizipation an politischen Entscheidungen sollte Erlebnis-charakter haben. Nur so sind normalerweise nicht beteiligte Bevölkerungs-gruppen einzubeziehen, nur so entsteht Motivation für „ein nächstes Mal“.

Zu 7. Ergebnisoffenheit | Transparenz | Dokumentation

Die Bürgerbeteiligung zur Zukunft des Viktoriaviertels ist ein gesetzlich nicht vorgeschriebenes, freiwilliges Beteiligungsformat. Es wurde vom  Stadtrat beschlossen, um nach dem vorausgegangenen mehrjährigen und in weiten Teilen intransparenten und fragwürdigen Vergabeprozess OHNE jede Bürgerbeteiligung einen echten Neuanfang MIT breiter Bürger-beteiligung zu ermöglichen. Ein echter Neuanfang im Sinne einer ernst gemeinten Mitbestimmung der Stadtgesellschaft setzt 100% Ergebnisoffenheit voraus. Bestehende Vorannahmen oder –bedingungen wie frühere Ratsbeschlüsse, Gutachten, Investorenpläne o.ä. zur Entwicklung des Viktoriaviertels müssen explizit benannt, offengelegt und hinsichtlich ihrer substantiellen Begründung hinterfragt, geprüft und in die Entwicklungsarbeit der Bürgerwerkstatt eingeordnet werden.
Neben Ergebnisoffenheit ist Transparenz ein wesentlicher Bestandteil der Leitlinien Bürgerbeteiligung der Stadt Bonn. Transparenz für alle Beteilig-ten ist grundsätzlich durch eine Vor- und Nachbereitung der einzelnen Formate im Begleitgremium (vgl. 4.)  und die ausführliche Dokumentation des Prozesses und der erarbeiteten Ergebnisse off- und online (vgl. 3.) herzustellen.

Zu 8. Mediatorische statt technokratische Moderation

Ausgangssituation im Viktoriaviertel ist keine „weiße Landkarte“, sondern eine konkrete Planung, die von einem Bürgerbegehren gestoppt wurde, mithin ein konkreter Konflikt, der besteht. Vor diesem Hintergrund ist einer mediatorisch orientierten Moderation der Vorzug vor einer eher technisch-inhaltlich orientierten Werkstattdurchführung zu geben, um der Konfliktsituation Rechnung zu tragen.

Zu 9. Bürgerbeteiligungsbeirat | Öffentliche Angebotspräsentation

Der in den Leitlinien Bürgerbeteiligung vorgesehene, von Politik, Verwaltung und Bürgerschaft paritätisch besetzte Bürgerbeteiligungsbeirat sollte baldmöglichst erstmals zusammentreten. Die von der Verwaltung hinsichtlich Übereinstimmung mit den Ausschreibungskriterien geprüften Angebote sollten dann in einer öffentlichen Sitzung des Beirats präsentiert werden.  
 
Zu 10. Nachhaltigkeit | Mediale Begleitung Beteiligungsprozess

Die Bürgerwerkstatt zur Zukunft des Viktoriaviertels hat Vorbildcharakter für zukünftige Bürgerbeteiligungsprozesse in Bonn. Eine kontinuierliche mediale Begleitung, Aufarbeitung und Zusammenfassung des Beteili-gungsprozesses bis in die Arbeit des Begleitgremiums hinein sorgt für die notwendige Transparenz (vgl. 8.) und Öffentlichkeit und ermöglicht einer breiten Zuschauerschaft - ähnlich wie bei der Kölner Dokumentation über ein Bauprojekt unter dem Titel „Wem gehört die Stadt?“ - aus dem exemplarischen Beteiligungsprozess zum Viktoriaviertel zu lernen. Eine nachhaltige Wirksamkeit des Bürgerbeteiligungsprozesses zur Zukunft des Viktoriaviertels wird gewährleistet.
 

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